Dashcams: Rechtsprechung nicht einheitlich – Einige Fallbeispiele
Auch bei der privaten Aufzeichnung ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Wer ausschließlich für private Zwecke etwa die Landschaft filmt, der verstößt auch dann nicht gegen den Datenschutz, wenn dabei andere Personen abgelichtet werden.
Wenn mit einer im Fahrzeug montierten Kamera das Ziel verfolgt wird, einen Unfallhergang beweissicher zu dokumentieren, um Schadensersatzansprüche durchzusetzen oder abzuwehren, ist vor allem interessant, ob die Aufnahmen überhaupt in einen Prozess eingeführt werden können.
M Dazu gibt es ein aktuelles Urteil des Landgerichts München I: Das hat entschieden, dass eine solche Aufnahme ein zulässiges Beweismittel vor Gericht sein kann. Es dürfe in Augenschein genommen und sogar bei einem unfallanalytischen Sachverständigengutachten ebenso berücksichtigt werden. Allerdings: Die »rechtliche Zulässigkeit der Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel« sei im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung zu bewerten.
Es dürfe nicht stets von einer Unverwertbarkeit der Aufzeichnungen als Beweis ausgegangen werden; es sei auch zu beachten, dass Aufnahmen gegen das Recht am eigenen Bild und gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen können.
Ferner müsse bei Aufnahmen durch On-Board-Kameras ausgewertet werden, ob sie »permanent oder anlassbezogen« gemacht worden sind sowie ob sie automatisch gelöscht beziehungsweise überschrieben werden können. (LG München I, 17 S 6473/16)
Die Rechtsprechung ist allerdings nicht einheitlich. Es gibt weitere Urteile zum Thema:
M »Dashcam«-Aufnahme kann »Rückwärtsfahr-Sünderin« überführen: Das Landgericht Landshut weist darauf hin, dass eine Abwägung zwischen den Interessen der Beteiligten stattzufinden habe. So bestehe kein gravierender Grundrechtseingriff darin, wenn andere Verkehrsteilnehmer, deren Identität dabei nicht geklärt wird und auch nicht geklärt werden soll, von einer On-Board-Kamera erfasst werde, ohne, dass dies für den Kamerabetreiber »mit einem Erkenntnisgewinn verbunden ist«.
Relevanz komme der Erfassung des Verkehrsgeschehens erst in dem Moment zu, in dem es zu einem Unfall kommt. (Hier ging es am Münchener Flughafen um das Zurücksetzen eines Autos, dass mit einem anderen Fahrzeug zusammenstieß.) (LG Landshut, 12 S 2603/15)
M »Knöllchen-Jäger« mögen Gutes vorhaben, tun aber Schlechtes: Ein Autofahrer ist nicht berechtigt, seinen Auto mit einer Dashcam auszustatten und mit ihrer Hilfe im Laufe mehrerer Jahre, Tausende von Verkehrsteilnehmern bei den Verkehrsbehörden wegen Übertretung von Verkehrsregeln anzuschwärzen.
Damit wird gegen das Datenschutzgesetz verstoßen; denn die Nutzung solcher Aufzeichnungsgeräte im Straßenverkehr »zum Selbst- und Eigentumsschutz sowie zur Beweisdokumentation« kann nicht ausschließlich als »persönliche oder familiäre Tätigkeit« gesehen werden. Die Beobachtung anderer Verkehrsteilnehmer zur Dokumentation von Verkehrsordnungswidrigkeiten »ohne eigene Betroffenheit« ist nach dem Bundesdatenschutzgesetz nicht erlaubt: Die Interessen derer, die dadurch beobachtet werden, aber nicht eingewilligt haben, überwiegen. (VwG Göttingen, 1 B 171/16)
M Eine »neugierige« Dashcam im parkenden Auto ist nicht erlaubt: Hat ein Autobesitzer eine Dashcam auch in seinem parkenden Auto aufnahmebereit, das heißt: Schaltet sie sich automatisch ein und zeichnet die Vorgänge in Blickrichtung der Kamera für einige Minuten auf, so kann eine Nachbarin, die sich dadurch in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt sieht, erfolgreich gegen eine Klage wehren, wenn ihr neugieriger Nachbar behauptet, mittels der Dashcam festgestellt zu haben, dass sie »im Vorbeifahren« sein Auto zerkratzt habe.
Der Schutz der Privatsphäre der beschuldigten Nachbarin sei höher zu bewerten als das Interesse des Dashcam-Besitzers an der Aufklärung von »Straftaten«. Die bloß theoretische Möglichkeit, dass es notwendig sein könne, aufgrund der generellen Gefährlichkeit des Straßenverkehrs oder der Möglichkeit, Vandalismus nachzuweisen, genüge nicht für ein überwiegendes Interesse der Dashcam-Eigentümer, zu diesem Zweck zu beliebigen Zeitpunkten den Zugang zum Anwesen der Nachbarin oder anderer Passanten zu überwachen. (LG Memmingen, 22 O 1983/13)
M Persönlichkeitsrecht hin oder her – Dashcam-Aufnahmen dürfen überführen: Das Oberlandesgericht Stuttgart hat es »für grundsätzlich zulässig erachtet, in einem Bußgeldverfahren ein Video zu verwerten, das ein anderer Autofahrer mit seiner Dashcam aufgenommen hat«.
Das gelte jedenfalls dann, wenn es um einen schwerwiegenden Verkehrsverstoß gehe (hier eine seit mindestens sechs Sekunden Rot zeigende Ampel). Der betroffene Autofahrer, der mit einem Bußgeld von 200 Euro und einem Fahrverbot von einem Monat belegt wurde, wehrte sich, weil er sich durch die mit einer »fremden Kamera« aufgenommene Verkehrsordnungswidrigkeit in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt fühlte. Das Gericht wies ihn ab: Hier habe es sich um ein besonders schweres Vergehen gehandelt. (OLG Stuttgart, 4 Ss 543/15)
Maik Heitmann und Wolfgang Büser
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